Bern, 6. Mai 2022 | Medienmitteilung

Die Kantone stellen sich auf einen längeren Verbleib der Ukraine-Flüchtlinge ein

Bild - Die Kantone stellen sich auf einen längeren Verbleib der Ukraine-Flüchtlinge ein

Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) hat gestern mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Staatssekretärin Christine Schraner Burgener über die aktuellen Herausforderungen zur Ukraine-Krise diskutiert. Für die SODK ist entscheidend, dass die Unterbringung und Begleitung der ankommenden Personen aus der Ukraine strukturiert abläuft. Weiter verabschiedete die SODK Empfehlungen zur Qualität und Finanzierung der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung. Schliesslich hat sie Staatsrätin Florence Nater aus dem Kanton Neuenburg als neues Mitglied in den Vorstand der SODK gewählt.

Die Kantone sind nach wie vor daran, für Schutzsuchende aus der Ukraine zusätzliche Unterkünfte zu suchen und in Betrieb zu nehmen. Diese Arbeiten laufen mit grossem Engagement weiter, um zu gewährleisten, dass Menschen aus der Ukraine nebst der Unterbringung bei Privaten auch behördliche Unterkünfte zur Verfügung stehen. Die Kantone müssen vorbereitet sein auf einen anhaltenden Zustrom von Geflüchteten. Hinzu kommt, dass einige Gastfamilien nach einer gewissen Zeit von ihrem Engagement zurücktreten und der zuständige Kanton oder die Gemeinde die betroffenen Menschen anderweitig unterbringen muss. Für die Kantone ist angesichts der ungewissen Weiterentwicklung wichtig, dass die Aufnahme der Schutzsuchenden möglichst geordnet und in klar definierten Prozes-sen erfolgt. Gemäss Angaben von Bundesrätin Karin Keller-Sutter müssen sich die Kantone auf eine Anzahl von 80'000 bis 150'000 Schutzsuchenden bis im Herbst vorbereiten und dafür die entsprechenden Kapazitäten bereitstellen.

In diesem Kontext regen die kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren gegenüber dem Bund an, frühzeitig zu klären, wie es mit dem Status S weitergehen soll. Der S-Ausweis ist grundsätzlich für ein Jahr ausgestellt. Die aktuelle Situation lässt allerdings vermuten, dass die Schutzsuchenden länger als ein Jahr in der Schweiz verbleiben werden. Darauf müssen sich alle Akteure vorbereiten können, was sowohl für den Bund als auch für Kantone und Gemeinden einen entsprechenden Vorlauf bedingt. Je länger die Menschen hierbleiben, desto mehr Fragen stellen sich auch zu weiteren Unterstützungsmassnahmen in den Bereichen Spracherwerb, Jobcoaching und Kinderbetreuung.
Die SODK begrüsst zudem das vom EJPD lancierte Programm zur Stabilisierung und Ressourcenakti-vierung von Schutzbedürftigen im Asylbereich. Kantone, die entsprechende Angebote bereitstellen – beispielsweise niederschwellige Kurzinterventionen für psychisch belastete Menschen – können beim Bund eine Mitfinanzierung beantragen. Aus Sicht der SODK ist es enorm wichtig zu verhindern, dass sich Menschen nach der Flucht sozial isolieren. Stattdessen müssen von Anfang an die vorhandenen Ressourcen erhalten und gestärkt sowie psychische Belastungen gelindert werden, um so die gesellschaftliche Teilhabe der Schutzsuchenden zu fördern.

SODK befürwortet gemeinsame Empfehlungen zur Kinderbetreuung

Die kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren haben zudem gemeinsam mit der Schwesterkonferenz EDK erarbeitete Empfehlungen zur Qualität und Finanzierung der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung verabschiedet. Diese Empfehlungen äussern sich zu den fünf wichtigsten Elementen bezüglich Qualität: zum pädagogischen Konzept, dem Betreuungsschlüssel, der Ausbildung des Personals, dem Qualitätsmanagement sowie der Infrastruktur. Die Qualität wird dabei als Zusammenspiel dieser fünf Elemente begriffen.

Für die SODK ist eine qualitativ überzeugende Kinderbetreuung einer der wichtigsten Pfeiler der Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf. Sie trägt damit entscheidend zur Gleichberechtigung bei. Zudem kommt sie als Teil der frühen Förderung den Kindern zugute, indem sie die Unterschiede beim Kindergarteneintritt zu vermindern mag und so die Bildungsgerechtigkeit erhöht.
Die Empfehlungen sind eng verknüpft mit den Arbeiten des Eidgenössischen Parlaments im Thema: Die zuständige Kommission erarbeitet eine Vorlage zur Verstetigung der Bundesgelder zugunsten der familienexternen Betreuung. Eines der Ziele besteht in der Reduktion aller Elternbeiträge, ein anderes im Aufbau von Qualität mittels Programmvereinbarungen mit den Kantonen. Hierbei bieten sich die Empfehlungen als gute Referenzgrundlage an. Die Zustimmung der SODK erfolgt vorbehältlich der Genehmigung durch die Erziehungsdirektorenkonferenz.

Der Vorstand verabschiedet Position zum betreuten und begleiteten Wohnen

Der Vorstand SODK erachtet einen Ausbau der Ergänzungsleistungen (EL) als zweckmässig, um das selbstbestimmte Wohnen von betagten Menschen und Menschen mit Behinderungen zu fördern. Dieser durch eine entsprechende Motion geforderte EL-Ausbau soll sich aber zwingend an Leistungen orientieren und nicht bestimmte Angebote (etwa vorhandene Einrichtungen des betreuten Wohnens) einseitig fördern. Konkret schlägt die SODK vor, im Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen (ELG) eine neue Betreuungspauschale einzuführen. Ob jemand diese Pauschale benötigt, würde von einer unabhängigen Stelle abgeklärt, die Pauschale soll monatlich ausbezahlt werden und den Betroffenen die Freiheit lassen, sie für jene Hilfsleistungen einzusetzen, die ihnen am meisten Nutzen stiften.

Die Kantone weisen darauf hin, dass es über das ELG hinaus weiterer Anstrengungen bedarf, um das selbstbestimmte Wohnen von betagten Menschen und Menschen mit Behinderungen zu fördern. Denn mit einem Leistungsausbau im ELG werden jene (bedürftigen) Personen erreicht, die einen An-spruch auf EL haben. Die Erfahrung zeigt aber, dass insbesondere auch Personen mit bescheidenen Mitteln – jedoch knapp ohne EL-Anspruchsberechtigung – einen nicht gedeckten Betreuungs- und Finanzierungsbedarf haben.

Neue lateinische Vertretung im Vorstand SODK

Schliesslich hat die Plenarversammlung Staatsrätin Florence Nater (SP) aus dem Kanton Neuenburg als neues Mitglied in den Vorstand der SODK gewählt. Sie hat ein Diplom in sozialer Arbeit und ist seit knapp 20 Jahren politisch aktiv. «Ich freue mich sehr, dass mit Staatsrätin Nater eine sehr konstruktive Politikerin in den Vorstand gewählt wurde, die überdies noch Fachspezialistin für unsere Kernthemen ist», sagt SODK-Präsidentin Nathalie Barthoulot.