Bern, 4. März 2022 | Medienmitteilung

Die Kantone stellen sich auf mehr Flüchtlinge ein

Seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine nimmt die Migrationslage in Europa und in der Schweiz eine neue Dynamik an. Die Kantone sind mit Hochdruck daran, zusätzliche Unterkünfte zu suchen und in Betrieb zu nehmen. Der Vorstand der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren hat heute mit Staatssekretärin Christine Schraner Burgener über die aktuellen Herausforderungen diskutiert. Für die SODK ist entscheidend, dass die Unterbringung und Begleitung der ankommenden Personen aus der Ukraine möglichst strukturiert abläuft.

Seit der Migrationswelle 2013-2015 sind die Kantone besonders sensibilisiert für die Herausforderungen, die ein massiver Flüchtlingsstrom mit sich bringt. Bund und Kantone tauschen sich regelmässig über die Migrationslage in Europa und auf der Welt aus. Dieser Austausch ist durch verschiedene Gremien und Ausschüsse institutionalisiert, in denen die wichtigsten Akteure auf politischer, strategischer und operativer Ebene zusammenkommen. Die SODK beteiligt sich am Koordinationsstab Lage Asyl, der den Austausch zwischen verschiedenen involvierten Bundesstellen und kantonalen Akteuren sowie Hilfswerken sicherstellt. Zudem hat sie beschlossen, eine Task Force auf Stufe der Amtsleitenden ins Leben zu rufen, um den Austausch unter den Kantonen zu fördern und in sensiblen Fragen zu einer gemeinsamen Haltung zu finden. Gerade in der konkreten Umsetzung des möglicherweise bald verordneten Schutzstatus für Fliehende aus dem Kriegsgebiet stellen sich zahlreiche organisatorische und finanzielle Fragen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt dieser Personen. Der SODK-Vorstand erachtet es als entscheidend, dass deren Registrierung, Unterbringung und Begleitung möglichst strukturiert abläuft.

Dank der Aufhebung der Massnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie dürfte die Anzahl Plätze in den Kantonen und den Bundesasylzentren bald wieder auf das übliche Niveau ansteigen. Schon vor der Ukraine-Krise rechnete das SEM mit einer Zunahme der Gesuche in der Schweiz und die Kantone hatten bereits begonnen, zusätzliche Unterkünfte zu suchen und in Betrieb zu nehmen. Diese Arbeiten laufen nun auf Hochtouren weiter, um die Menschen aus der Ukraine möglichst in behördlichen Strukturen unterbringen zu können. Der SODK-Vorstand ist beeindruckt von der Solidarität der Bevölkerung, zahlreiche Menschen nehmen Kontakt mit den Behörden auf, um ihnen ihre Hilfe bei der Unterbringung der Ankommenden anzubieten. In den nächsten Wochen müssen die Behörden nun Konzepte erarbeiten, inwiefern eine solche Aufnahme bei Privaten geordnet erfolgen kann: Wie die Existenz mittelloser Ukrainerinnen und Ukrainer gesichert wird und ob Gastfamilien in ihrem Engagement begleitet werden, damit solche Aufnahmen möglichst erfolgreich und reibungslos ablaufen.

Die SODK lehnt Sozialhilfekürzungen für Drittstaatsangehörige ab

Weiter hat sich der Vorstand SODK heute über den Vorschlag zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes ausgetauscht. Anders als ursprünglich vorgesehen verzichtet die Vernehmlassungsvorlage nun darauf, die Voraussetzungen für den Widerruf von Niederlassungsbewilligungen neu zu regeln: Der Bundesrat erachtet die heutige Regelung als ausreichend. Der Vorstand SODK stützt diesen Entscheid: Die Angst, bei anhaltendem Sozialhilfebezug die Aufenthaltsbewilligung zu verlieren, kann dazu führen, dass Migrantinnen und Migranten keine Hilfe beanspruchen, selbst wenn sie unter die Armutsgrenze fallen, was sich gerade für Familien verheerend auswirken kann.

Hingegen verbleibt der Vorschlag in der Vorlage, wonach Drittstaatsangehörige während der ersten drei Jahre ihres Aufenthalts in der Schweiz tiefere Unterstützungsbeiträge erhalten sollen als die kantonalen Sozialhilfegesetze für die einheimische Bevölkerung vorsehen. Diese Regelung erachtet der Vorstand SODK als problematisch und lehnt sie ab: Dadurch wird eine Ungleichbehandlung einer bestimmten Ausländergruppe geschaffen, zudem kann die Bestimmung integrationshemmend wirken. Vor allem aber greift der Bund mit dieser Regelung in den Kompetenzbereich der Kantone ein, die für die Sozialhilfe zuständig sind und sie im Ausländerbereich gemeinsam mit den Gemeinden berappen. Der Vorstand begrüsst hingegen ausdrücklich, dass bei der Bewilligung von Härtefallgesuchen neu auch das Absolvieren einer Aus- oder Weiterbildung berücksichtigt wird.